Anwenderbericht

Kleinplastiken aus Acrystal Decor Bronze


Bereits zum 50. Mal fand die Internationale Arbeitstagung des Verbandes Deutscher Präparatoren e. V. (VDP) statt. Vom 20.-24. März 2012 fanden sich in München ungefähr 180 Teilnehmer ein. Um der Jubiläumstagung gerecht zu werden, war Herr Dieter Schön, Leiter der Abteilung Präparation am Museum Mensch und Natur, auf der Suche nach einem ganz besonderen Geschenk für die circa 40 Referenten und sonstigen Förderer der Veranstaltung. Das Gastgeschenk sollte über eine hohe Wertigkeit verfügen, um den Beschenkten die Wertschätzung ihrer geleisteten Arbeit zu vermitteln. Die Wahl fiel auf eine limitierte Auflage von Kleinplastiken aus Acrystal Decor Bronze in Form eines liegenden Löwen auf einem Sockel.

Insgesamt 66 Abgüsse des „Bayerischen Löwen“ hatte Herr Schön hergestellt und sämtliche Arbeitsschritte im Haus als „Einmannprojekt“ nebenher vorgenommen. Dadurch hatte er wertvolle Erfahrungen im Umgang mit dem Werkstoff Acrystal Decor Bronze sammeln können, die er gerne mit unseren anderen Anwendern teilt. Die Beschreibung der einzelnen Herstellungsphasen sowie seine dabei gewonnenen Erkenntnisse hat Herr Schön im Nachgang so detailliert und anschaulich festgehalten, dass wir sie Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, in Form eines Erfahrungsberichts weitergeben möchten.

Erfahrungsbericht von Herrn Dieter Schön:
Anfertigung von 66 Kleinplastiken aus Acrystal Decor Bronze


Herstellung des Urmodells

 

Das Urmodell wurde mit dem Material Paperclay geformt. Vorgabe für die Gestaltung war, dass eine einteilige Gießform zur Herstellung der Gießlinge ausreichen sollte. Nach der Anfertigung einer Silikonnegativform mit Stützmantel konnte mit der Herstellung der 66 Löwen begonnen werden. Der Ablauf war jedes Mal identisch.

Gussvorgang

Im Schwenkguss wurde eine erste Schicht Acrystal Decor Bronze in die Form eingebracht. Sobald diese erste Lage lederartig angehärtet war, erfolgte der zweite Schwenkguss. Um die Herstellungskosten zu reduzieren, wurde die Form nach der Anhärtung der zweiten Schicht mit dem günstigeren Werkstoff Acrystal Prima aufgefüllt. Ungefähr eine Stunde nach dem letzten Guss konnte der Gießling bereits entformt werden. In diesem Stadium konnten eventuelle Lufteinschlüsse an der Oberfläche retuschiert werden.

Nachbearbeitung

Nachdem die Abgüsse eine Woche lang ausgetrocknet waren, erfolgte die Nachbearbeitung an einer professionellen Poliermaschine mit Baumwollpolierscheiben unter Verwendung von Polierpaste, danach das Planschleifen der Sockelflächen. Nach gründlicher Reinigung der Gießlinge wurde jede Figur auf einen Holzsockel geklebt.

Vorteile der angewandten Technik und eingesetzten Materialien

Sämtliche Arbeitsgänge (mit Ausnahme des Polierens) sind völlig unkompliziert, wenn man über fachliches Grundwissen verfügt. Positiv sind die schnellen Arbeitsschritte, zum Beispiel die Möglichkeit des frühen Entformens, sowie die hohe Stabilität der Gießlinge. Luftblasen, die nur klein sind, füllen sich beim Polieren automatisch mit Abtragungsmaterial (Acrystal und Polierpaste) auf und verschwinden damit optisch. Das Resultat überzeugt in Optik, Gewicht und Haptik.

Erfahrungen und Tipps

Zwischen den einzelnen Gussschichten müssen kurze Härtungszeiten eingehalten werden, andernfalls werden die Objektoberflächen evtl. von einem Netz feiner Risse überzogen.

  • Der erste Schwenkguss mit Acrystal Decor Bronze muss die Silikonform vollständig auskleiden. Ein zweiter Schwenkguss mit Acrystal Decor Bronze ist zwingend notwendig, um beim Polieren an der Poliermaschine, bei dem Material abgetragen wird, ein Durchscheinen der darunter liegenden Schicht Acrystal Prima zu verhindern.

  • Falls man keine Poliermaschine zur Verfügung hat, kann man bei kleineren Serien eine auf einem Bohrständer montierte Bohrmaschine mit Polierscheiben aus dem Baumarkt verwenden.

  • Die Verwendung einer Poliermaschine oder eines Poliertellers auf der Bohrmaschine setzt handwerkliche Grunderfahrung voraus. Speziell bei kleineren Objekten besteht Verletzungsgefahr durch nahes Arbeiten an rotierenden Teilen. Außerdem besteht das Risiko, dass der Gießling beschädigt wird, falls dieser sich in der rotierenden Scheibe „fängt“. Vermeiden muss man beim Polieren zudem zu hohen Materialabtrag.



Größenangaben, Kosten und Zeitaufwand

Die Löwen sind ca. 14 cm lang und 7 cm hoch. Das Trockengewicht beträgt ca. 450 g.

Materialkosten pro Gießling (ohne Negativform und sonstige Hilfsmittel): ca. 7 Euro/Stück.

Zeitaufwand (ohne Zeit für Herstellung des Urmodells, Negativform, Sockel und Montage): Ca. 60 min. je Exemplar, davon ca. 5-8 min. für Polieren in „Serienqualität“.


Mögliche Probleme

Beim Schwenkguss von senkrechten/überhängenden Oberflächen perlt Acrystal Decor Bronze, das exakt nach Herstellerangaben gemischt wird, manchmal von der Silikonoberfläche ab. Abhilfe schafft man, indem man Acrystal Decor Bronze etwas dickflüssiger anrührt.

Die Oberfläche von Plastiken aus Acrystal Decor Bronze „altert“, was je nach Einsatzzweck durchaus als Vorteil gewertet werden kann. Falls man dies verhindern möchte, sollte man die Oberfläche durch Anbringen von Politur oder Lack schützen.

Lange Trocknungszeiten kann man umgehen, wenn man die Objekte im Wärmeschrank mit Gebläse trocknet. Auch Entlüftungsbohrungen an der Objektunterseite verkürzen die Dauer.

Persönliches Fazit und Reaktion der Beschenkten

Frisch entformte Gießlinge enttäuschen in Optik und Haptik - das „Aha-Erlebnis“ kommt schon nach wenigen Sekunden an der Poliermaschine. Nach der sorgfältigen Nachbearbeitung sehen die Kleinplastiken wirklich aus „wie echt“.

Die Beschenkten sind überwiegend in der Präparatorenszene beheimatet und daher in aller Regel firm im Umgang mit „gefakten“ Materialien. Fast jeder wusste also, dass ihm sicher keine echte Bronzeplastik überreicht wurde. Die Verblüffung und Begeisterung über die doch sehr einfache Entstehung und dennoch überzeugende Wertigkeit der „Tagungslöwen“ war deshalb amüsant.

 

Modelleur des Urmodells und „Produzent“ der Löwenserie: Dieter Schön, Präparator und Modellbauer am Museum Mensch und Natur in München www.musmn.de
Kontaktaufnahme unter schoen[at]musmn.de

 

Der VDP ist der Berufsverband für Präparatoren der Fachrichtungen Biologie, Medizin und Geowissenschaften. Die Mitglieder sind in Museen, Instituten, Kliniken oder der Privatwirtschaft tätig. Die Arbeitstagungen des VDP finden jährlich an wechselnden Standorten statt, im Jahr 2012 bereits zum dritten Mal in München. In ca. 40 Fachvorträgen und diversen Workshops werden Informationen und Kenntnisse über Techniken und Vorgehensweisen, neue Museumsprojekte und sonstige Themen vermittelt.