Praxisbericht


Serienfertigung im Epoxy-RTM-Prozess – Umstellung auf das Heiß-Epoxy-Verfahren bei der Firma Joachim Keim Kunststofftechnik GmbH

Lange+Ritter führt Epoxidharzsysteme im Programm, mit denen Serienfertigungen im Epoxy-RTM-Verfahren äußerst wirtschaftlich betrieben werden können. Dirk Lange berichtet über eine erfolgreiche Anwendung bei der Firma Joachim Keim Kunststofftechnik GmbH, die er zusammen mit seinem Kollegen aus der Momentive-Anwendungstechnik in der Entwicklungsphase fachlich unterstützt hat. Das Ergebnis: Steigerung der Produktivität dank effizienterem Fertigungsprozess mit kürzeren Taktzeiten sowie eine deutliche Verbesserung der Bauteilqualität.

Ob Serienfertigung von Interieur- und Exterieurbauteilen für Busse und Nutzfahrzeuge oder Prototypen und Kleinserien für PKW, ob CFK-Leichtbauteile für den Rennsport oder Abdeckhauben für den Maschinenbau – die Produkte von Joachim Keim Kunststofftechnik GmbH überzeugen die Kunden seit 35 Jahren durch höchste Qualität und Innovation.

Dabei steht die Zeit bei Keim nicht still: „Um im nationalen und internationalen Wettbewerb bestehen zu können, müssen wir uns ständig weiterentwickeln. Unser größtes Pfund ist unsere Innovationskraft“, so Joachim Keim, Inhaber der Joachim Keim Kunststofftechnik GmbH. Besonders viel Energie wurde im vergangenen Jahr in die Weiterentwicklung des seit Langem erfolgreich eingesetzten RTM-Injektionsverfahrens mit Polyesterharzen gesteckt. In diesem Verfahren werden bei Keim seit 1990 unter anderem Serienbauteile für EvoBus, ein Tochterunternehmen der Daimler AG, gefertigt. Dabei wird in geschlossenen Kunststoffwerkzeugen mit kalt verformbaren Glasfasermatten und Polyester-Injektionsharzen gearbeitet. Zunächst wird auf die Sichtseite eine UP-Gelcoat in die Werkzeughälfte aufgetragen und angehärtet. Ist der Gelcoatfilm fest genug, wird von Hand das Verstärkungsmaterial eingelegt und an die Kontur angestrichen. Die überstehende Glasfasermatte wird mit der Schere abgeschnitten und das Werkzeug geschlossen. Mittels einer Niederdruck-RTM-Anlage wird das vorbeschleunigte Polyesterharz in die Form injiziert. Je nach Bauteilgröße kann die Form bereits nach 40 Minuten geöffnet, das Bauteil entnommen und zur Endbearbeitung gegeben werden.

Aufgabe und Umsetzung
Die neue Aufgabenstellung lautete, den Fertigungsprozess schlanker, schneller und wirtschaftlicher zu machen und gleichzeitig die Produktqualität zu erhöhen.


Die langjährige Partnerschaft zwischen Joachim Keim Kunststofftechnik und Lange+Ritter sollte sich dabei auszahlen: In vielen Gesprächen mit den Anwendungstechnikern von Lange+Ritter und Momentive kristallisierte sich die Idee heraus, auf das von deutschen Automobilbauern in den letzten Jahren favorisierte Heiß-Epoxy-RTM-Verfahren zu setzen. Schnell war klar, dass es mit dem Wechsel des Harzsystems von UP auf EP alleine nicht getan ist: „Wir mussten neue Werkzeugkonzepte entwickeln und den gesamten Fertigungsprozess völlig neu aufbauen“, so Joachim Keim. Die Werkzeuge werden jetzt aus Aluminium gefräst und mit internen Heizungen ausgestattet. Eine Epoxy-RTM-Anlage mit Komponentenvorwärmung sorgt für die nötige Prozesssicherheit und Reproduzierbarkeit.

Momentive als Hersteller der EPIKOTE- und EPIKURE-Epoxidharze und -härter und Lange+Ritter als Distributor mit eigener RTM-Expertise bildeten ein Team, das Joachim Keim in der Entwicklungsphase mit Rat und Tat zur Seite stand. Die ersten Schüsse wurden mit dem System EPIKOTE Resin 05316 und EPIKURE Curing Agent 943 gemacht. Diese Harz-Härter-Kombination ist sehr flexibel einsetzbar.

Die Verarbeitung erfolgt bei Werkzeugtemperaturen zwischen 80 und 90 °C. Bei diesen Temperaturen wird das Harzgemisch sehr dünnflüssig und durchtränkt das Fasermaterial sehr schnell. Die Injektions- und Entlüftungspunkte an der Form wurden so gesetzt, dass die Kavität innerhalb von 3-4 Minuten gefüllt werden konnte, innerhalb der offenen Zeit des Harzsystems. Nach insgesamt 35 Minuten konnten die Bauteile entformt werden.

Materialauswahl und Vorgaben

Ein weiterer Schwerpunkt der Prozessentwicklung war die Auswahl des geeigneten Fasermaterials und die Optimierung des Lagenaufbaus mit dem Anspruch, Bauteile mit porenfreien, direkt lackierbaren Oberflächen zu erhalten. Nachdem das Setup stand und der Prozess reproduzierbar lief, konnte sogar auf ein schnelleres System umgestellt werden: EPIKOTE Resin 05475 mit EPIKURE Curing Agent 05443. Bei gleichen Werkzeugtemperaturen kann mit diesem System jetzt bereits nach 15-18 Minuten entformt werden. Damit hat sich die Gesamtzykluszeit nochmal drastisch reduziert.

Vorteile des neuen Verfahrens
Eine gehörige Portion Idealismus und ein langer Atem waren nötig, um diesen Kraftakt zu stemmen. Heute kann Joachim Keim jedoch ein rundherum positives Feedback ziehen:
„Die Investitionen haben sich gelohnt. Unser Fertigungsprozess ist effizienter, und unsere Bauteilqualität hat sich stark verbessert. Insgesamt sind wir deutlich produktiver. Mit unserem Polyester-RTM-Verfahren haben wir früher 5-6 Teile am Tag hergestellt. Nach der Umstellung auf Epoxy-RTM schaffen wir von den gleichen Bauteilen bis zu 20 Entformungen am Tag innerhalb einer Schicht!“

Für die kurzen Taktzeiten ist nicht nur das schnellhärtende EP-Harz verantwortlich, vielmehr können mit dem jetzigen Verfahren zeitaufwändige Prozessschritte komplett wegfallen. „Um porenfreie Oberflächen zu erhalten, hatten unsere Polyesterteile alle eine Gelcoatschicht. Die Bauteile wurden dann beim Kunden in Wagenfarbe überlackiert. Heute verzichten wir auf das Gelcoatauftragen. Dadurch können wir die Produktionswerkzeuge isotherm bei 80-90 °C fahren und müssen weder zum Einlegen der Matten noch für die Entformung das Werkzeug runterkühlen. Die Injektionsteile kommen porenfrei aus dem Werkzeug und sind direkt lackierbar. Bis auf den Endbeschnitt haben wir quasi keine Nacharbeit mehr.“

Das Belegen der Werkzeuge wurde ebenfalls optimiert. Anstatt die Verstärkungsmaterialien manuell in die Form zu drapieren, werden in einem vorgelagerten Arbeitsschritt mit Hilfe von Bindertechnik sogenannte Preforms hergestellt. Die Preforms sind randbeschnitten und passen exakt ins Werkzeug. So konnte die Bestückung der Werkzeuge von mehreren Minuten auf wenige Sekunden reduziert werden.

Wesentliche Qualitätsmerkmale sind die hohe Wärmeformbeständigkeit und die Dimensionsgenauigkeit. Die Epoxidharzlaminate sind nach dem Entformen voll ausgehärtet und schrumpfen auch beim „Einbrennen“ der Lackierung nicht mehr nach. Einmal am Fahrzeug verbaut, sehen die Bauteile auch nach mehreren Jahreszeitenwechseln noch glatt und glänzend aus. Das polyestertypische Nachschrumpfen mit Durchschlagen der Faserstruktur ist Geschichte.

Auch die Rechnung für die Wirtschaftlichkeit geht auf: Der Mehrpreis von Epoxidharz gegenüber Polyesterharz wird durch die Einsparungen auf Materialseite (keine Gelcoat) und dem Wegfallen ganzer Prozessschritte mehr als ausgeglichen. Und der Kunde EvoBus ist mit der gelieferten Qualität sehr zufrieden. Daher ist angedacht, weitere EvoBus-Bauteile in diesem neuen, produktiven Epoxy-Heiß-RTM-Verfahren zu fertigen. Die Vorteile sieht Joachim Keim vor allem bei Serien ab 300-500 Stück im Jahr, passend für viele seiner Projekte in den Bereichen Bus, Nutzfahrzeuge, Bau- und Werkzeugmaschinen.

Informationen über die Firma Joachim Keim Kunststofftechnik GmbH unter www.keim-fasertechnik.de

Epoxy-Injektionsharze für Großserien im Fahrzeugbau unter Epoxidharze

Bericht: Dirk Lange, Lange+Ritter GmbH
Redaktion: PKM Petra Kieninger Marketing